• Auf ein Wort 01/20

    Wir werden zukünftig in regelmäßigen Abständen ein Mitglied unserer Fraktion befragen, was gerade passiert und wie sich „Die Parteilosen“ schlagen. Wir starten mit Rico Obenauf, Neuling in der Gemeindevertretung, stellvertretender Vorsitzender der Gemeindevertretung und zugleich der Vorsitzende des Ortsentwicklungs-, Bau- und Umweltausschusses:

    Frage: Seit gut 500 Tagen bist Du Mitglied der Gemeindevertretung. Bist Du mit der Leistung der Fraktion zufrieden?
    Antwort: Prinzipiell schon. Aber mehr als ein guter Anfang ist es nicht. Es hat auch bei uns etwas gedauert, bis wir den Schuh, den wir und von den Wählern haben geben lassen, ausfüllen konnten. In der kurzen Zeit haben wir eine Menge Erfahrungen sammeln dürfen. Nicht alle unsere Vorstöße waren erfolgreich, aber gerade aus vermeintlichen Niederlagen lernt man

    Frage: das klingt eher nicht so positiv…
    Antwort: Doch, doch. Wir haben alle Themen, die uns und unsere Wähler bewegen, angesprochen und uns eingebracht. Man muss aber auch hinnehmen, dass wir zwar die stärkste Fraktion sind, aber nicht die Mehrheit haben. Uns ist es aber gelungen, bei den anderen Fraktionen ein Umdenken zu erreichen. Das Thema Oberschule ist endlich bei allen Fraktionen als Problem erkannt. Überhaupt scheinen die Infrastrukturthemen endlich in den Vordergrund zu rücken und der Wille zum bedingungslosen Wachstum des Ortes ist gebrochen. Die Diskussion ist im vollen Gange und die etablierten Parteien sind sich keinesfalls so einig, wie sie das nach der Wahl dachten.

    Frage: Du sprichst von den sogenannten „fröhlichen Fünfzehn“.
    Antwort: Diesen Begriff würde ich ganz gern langsam streichen. Hier hat sich einer/eine der etablierten Vertreter*innen in der Wortwahl vergriffen und mir eine kleine Vorlage für die Bewerbungsrede für den Gemeindevertretervorsitz gegeben. Das kann jetzt auch langsam zu den Akten. Tatsächlich haben wir in unserer Gemeindevertretung mittlerweile regelmäßig wechselnde Mehrheiten. Je nach Thema sind die Stimmen anders verteilt. Und das ist auch gut so.

    Frage: Beim Thema Gruscheweg 6 waren die Verhältnisse aber recht klar. In mehreren Versuchen habt ihr Niederlagen kassiert und konntet die weitere Bebauung nicht verhindern.
    Antwort: Ich hoffe, dass uns dieses Thema nicht nochmal einholt. Tatsächlich würden wir uns freuen, wenn wir hier falsch liegen. Liegen wir nämlich richtig und der Bebauungsplan ist grob fehlerhaft, ist der Schaden für die Gemeinde nicht absehbar. Es ging uns primär nicht darum, die Bebauung an sich zu verhindern, sondern ironischerweise abzusichern. Wenn wir durch etwas Verzögerung zulasten des Vorhabenträgers uns etwas Luft beim Bau von Schule und Kita verschaffen hätten können und bei dem einen oder anderen Viergeschosser ein Geschoss weniger herausgekommen wäre, hätten wir das freilich gern mitgenommen.

    Frage: Worum ging es denn genau?
    Antwort: Das ist schwer in wenigen Sätzen zusammenzufassen, aber ich versuche es: Ein Bebauungsplan ist ein kompliziertes Gebilde. Die Gemeinde muss im ersten Schritt mit allen Betroffenen sprechen und Konflikte herausarbeiten. Im zweiten Schritt müssen diese Konflikte bestenfalls gelöst werden oder eine Abwägung stattfinden. Zu den zu prüfenden Themen gehört auch, dass eine Gemeinde schauen muss, ob in dem Gebiet die gewünschte Nutzung überhaupt gefahrlos möglich ist. Am Gruscheweg drängt sich mit der naheliegenden Autobahn bereits mit dem Schallschutz ein Konflikt auf, wenn es nicht sogar der zentrale Konflikt ist. Hier hat die Gemeinde im Jahr 2016 ein Gutachten verwendet, welches damals bereits fast 15 Jahre alt war und in diesem wurde zudem mit Daten gearbeitet hat, welche schon zum Zeitpunkt der Erstellung hoffnungslos veraltet waren.

    Frage: Warum auch nicht? So spart die Gemeinde doch Geld.
    Antwort: Das geht aber nicht, wenn die Autobahn im Gutachten noch zweispurig ist und das zu bebauende Gebiet im Gutachten ganz anders aussieht und an einem anderen Ort liegt. Viergeschosser tauchen im kompletten Gutachten gar nicht auf und die Orte, die auf Verträglichkeit untersucht wurden, liegen viel weiter von der Autobahn entfernt, als der „Gruschweg 6“. Das Gutachten stammt nämlich aus einem der ersten Bauabschnitte zum Gruscheweg und wurde immer wieder recycelt. Die Gemeinde spart hier aber nichts, denn der Bauträger hat die Kosten für die Gutachten zu tragen. Wenn hier einer spart, dann nur der Vorhabenträger.

    Frage: Und jetzt?
    Antwort: Na hoffen wir, dass die Gemeinde die Zeche nicht zahlen muss. Sollte das bereits damit befasste Gericht zu der Auffassung gelangen, dass der Bebauungsplan grob fehlerhaft ist, wird es ihn im schlimmsten Fall für nichtig erklären. Ob wir das Gebiet jemals wieder beplant bekämen oder einige Eigentümer nicht sogar auf die Idee kommen, hier Ansprüche gegen die Gemeinde zu verfolgen, kann keiner sagen. Ein aktuelles Gutachten wäre dafür ganz hilfreich gewesen und das hätten wir im Ergänzungsverfahren, was wir immer wollten, bekommen. Jetzt haben wir ein paar Jahre Ungewissheit.

    Frage: Wer an den Gruscheweg zieht, weiß doch, dass da eine Autobahn ist? Zumal, wenn man wie die meisten Eigentümer aus Berlin kommt?
    Antwort: Das Argument kam auch einige Male in der Debatte. Das fand ich schon sehr zynisch. Eine Schallschutzwand entbindet doch die Gemeinde nicht davon, die gegenseitigen Auswirkungen genauestens zu prüfen und Gesundheitsgefahren zu vermeiden. Die Gemeinde hat die Neueigentümer genauso zu schützen, wie die derzeitigen Einwohner. Außerdem kann es doch nicht unser Anspruch sein, hier draußen im Grünen eine Wohnumgebung zu errichten, die an das Berliner Zentrum erinnert.
    Eine ähnliche Argumentation hatten wir auch bei dem geplanten Spielplatz an der Hönower Chaussee. Ein Spielplatz muss nicht ohne Not an einer Hauptverkehrsstraße errichtet werden, das ist zumindest unsere Auffassung. Da schallte es uns entgegen, dass in Berlin die meisten Spielplätze an einer Hauptstraße lägen und das würde auch keinen stören.

    Frage: Ein weiterer Aufreger. Ändern konntet ihr hier aber auch nichts.
    Antwort: Da sind wir auch recht spät. Das Projekt ist faktisch schon in der Endphase der Planung. Der Bürgermeister hat hier versucht, die Teuerung zum Anlass zu nehmen, das ganze Projekt nochmal auf den Prüfstand zu stellen und den nötigen Spielplatz an einen anderen Ort zu verlegen, wo es sicherer und vielleicht auch günstiger ist. Allerdings ist die Diskussion wohl eher aufgebauscht, als dass wir hier alles auf eine Karte setzen. Auch wir wollen Spielplätze. Wenn wir hier keine Korrektur erwirken können, werden wir damit leben.

    Frage: Was meinst Du mit „aufgebauscht“?
    Antwort: Ja, hier werden wir als Wählergruppe und Fraktion doch mehr und mehr als ernster Gegner wahrgenommen und man versucht unser Verhalten kritisch zu betrachten. Das ist auch okay, aber teilweise geht es aber doch recht weit und es wird unsachlich. Beim Thema Spielplatz wurden uns und dem Bürgermeister vorgeworfen, wir würden keine Kinder mögen und überhaupt, eine Schule würden wir verhindern wollen. Das ist völliger Unsinn. Mittlerweile ist es in der Gemeindevertretung unbestritten, dass wir hier viele Aufgaben zu lösen haben. Eine andere Auffassung des politischen Gegners über den Weg dahin als Aufhänger zu nutzen, den anderen zu diskreditieren, ist billig und durchschaubar. Für einen vertrauensvollen und kollegialen Umgang in der Gemeindevertretung ist das sicher nicht förderlich.

    Frage: Sowas war aber nach dem Einzug der AfD zu erwarten …
    Antwort: Aber nicht wie man es vermuten würde. Die beiden Vertreter, die für die AfD in der Gemeindevertretung sitzen, verhalten sich recht unauffällig. Es ist auch so, dass wir in der Gemeinde keine Themen haben, die die AfD öffentlichkeitswirksam besetzt. Uns stören eher die falschen Behauptungen einer Fraktion, wir würden gemeinsame Fraktionssitzungen mit der AfD abhalten und uns hier heimlich abstimmen. Das ist absoluter Quatsch. Es gebietet die Höflichkeit, dass man mit allen demokratisch gewählten Vertretern im Gremium spricht. Heimlich findet hier aber nichts statt. Und an gemeinsamen Fraktionssitzungen mit der AfD gibt es aber wohl beidseitig kein Interesse. Ich bin selbst überrascht, dass die Hetze hier aus einer anderen Richtung kommt. Letztlich ist es aber Kindergartenniveau.

    Frage: Kommen wir zurück zur wichtigen Politik. Was kommt als nächstes?
    Antwort: Die Grundschule steht ganz oben auf der Agenda. Wir müssen jetzt zu einer Entscheidung kommen, wie wir schnellstmöglich das Problem der fehlenden Schulplätze angehen. Das Auslobungsverfahren hat sich leider schlecht entwickelt. Trotz einstimmiger Aufhebung des Verfahrens wünschen einige Fraktionen immer noch die Errichtung des Siegerentwurfs. Der ist unserer Ansicht nach aber zur Unkenntlichkeit zusammengeschrumpft und kaum noch zu retten. Mit Corona im Hinterkopf haben sich die Prioritäten etwas verschoben. Der Preis ist wichtiger geworden und da gibt es erheblich günstigere Alternativen, die der Bürgermeister bereits ergründet hat. Hier erwarten wir noch einige Diskussionen, was bei einem Projekt der Größenordnung aber auch sein muss.
    Dazu kommt die Frage der Gestaltung des Zentrums, die sich immer weiter verschlimmernde Verkehrsproblematik an der Hauptstraße, die Offenhaltung der Trainierbahn und die zukünftige Gestaltung des Alten Guts.

    Frage: An Arbeit mangelt es also nicht. Wir drücken Euch die Daumen!
    Antwort: Danke, wir geben unser Bestes.

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