• Zur Sache, bitte!

    Die Wellen schlagen derzeit hoch. Das Auslobungsergebnis für den Neubau der Grundschule
    beschäftigt die Gemeindevertretung seit der Entscheidung im letzten Jahr. Ungewöhnlich früh für
    einen normalen Bauablauf musste das Gewinnerbüro mitteilen, dass die Baukosten bei einer
    unveränderten Planung etwa 40-50 % über dem Kostenrahmen liegen würden. Und das ist nur eine
    Schätzung. Konkrete Angebote für die Ausführung lagen zu dieser Zeit noch nicht vor.

    Freilich, die Gemeindevertretung hat mit einer breiten Mehrheit die Sporthalle von einer 2- zu einer
    3-Felderhalle aufgewertet und der Boden hielt zum Beispiel mit einer bis dahin noch nicht
    berücksichtigten weiteren Gasleitung ein paar Überraschungen parat. Der Großteil der
    Preissteigerung bei der Schätzung war aber auf die hochwertige Architektur selbst zurückzuführen.

    Es kann dahinstehen, ob das Architekturbüro hier den angestaubten Preisträgerentwurf eines
    Wettbewerbs in München aus dem Jahr 2017 mit den veralteten Zahlen unkorrigiert vorgelegt hat
    oder tatsächlich binnen kürzester Zeit sich die Baukosten so stark verändert haben; fakt ist aber, dass
    sich das Auslobungsergebnis nachträglich als preislich nicht belastbar erwiesen hat und die
    Verwaltung die klare Aussage erhielt, dass der Siegerentwurf beim Kostenrahmen nicht umsetzbar
    sei.

    Und dabei sind die großen Unsicherheiten der Kostenschätzung noch gar nicht berücksichtigt. Auch
    diese versprechen, ja garantieren in der Regel einen späteren Kostenaufschlag.

    Die Ausschüsse und die Gemeindevertretung haben sodann energisch und mit Recht die beteiligten
    Planer aufgefordert, hier nachzubessern und Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen, um zu prüfen, ob das
    Projekt gerettet werden kann. Kein Gemeindevertreter hat die Ursprungsplanung noch als umsetzbar
    betrachtet.

    Der Bürgermeister Ansgar Scharnke hat in der Gemeindevertretersitzung vom 18. Juni 2020 eine
    Tischvorlage vorgelegt, in welcher die Ergebnisse der Einsparungsbemühungen des Architekturbüros
    zusammengefasst wurden. Die Gemeindevertretung hat auf dieser Grundlage einstimmig
    beschlossen, das Verfahren aufzuheben und den Bürgermeister mit der Findung von Alternativen für
    eine Realisierung zu beauftragen. Diese Schule sei nur noch „ein Torso“ und nicht mehr mit der
    Wettbewerbsplanung vergleichbar, so der einhellige Tenor der teils sehr fachkundigen Gemeindevertreter.

    Doch wie das immer so ist, wird eine solche Entscheidung irgendwann für politische Belange genutzt.
    Der Bürgermeister habe durch die Nichtvorlage des Originalschreibens vom Architekturbüros „getäuscht“ und die Gemeindevertreter in eine zu schnelle Entscheidung getrieben, so der Vorwurf.

    Man kann sicherlich darüber diskutieren, ob es richtig oder wenigstens taktisch klug war, das Originalschreiben, um die warmen und um Rechtfertigung ringenden Worte des Architekturbüros
    bereinigt, nur in Form einer Zusammenfassung weiterzugeben. Auch darf kritisch hinterfragt werden, ob eine solche Entscheidung nicht zumindest nach einer gewissen Zeit des Sackenlassens gefällt werden sollte. Diesbezüglich gibt es auch in Reihen der Parteilosen durchaus widerstreitende Meinungen.

    Nur muss man bei diesem Vorwurf auch die Gegenfrage an die Gemeindevertreter erlauben, die das ganze ja in der Hand hatten. Auf den Antrag des Bürgermeisters hin, hat kein Gemeindevertreter um
    die Vorlage des Begleitschreibens der Architekten gebeten und niemand hat etwas mehr Bedenkzeit eingefordert. Auch wir nicht, was intern durchaus kritisch diskutiert wurde.

    Ziel aller war es, die Verwaltung in die Lage zu versetzen, Alternativen zu erarbeiten und vorzubereiten. Und so ist es auch geschehen.

    Insofern ist die jüngst aufkommende Empörung zumindest teilweise politisch motiviert und lenkt vom eigentlichen Problem ab, schnellstmöglich eine neue Grundschule zu erhalten.

    Um das zu erreichen, führen wie so oft viele Wege nach Rom. Der Weg einer neuen Auslobung ist sicher schwer darstellbar. Zu teuer war der Prozess, zu gering war der Einfluss der Gemeindevertreter und auch der Verwaltung auf den Ausgang des Prozesses, zu unsicher war der Preisrahmen. Seit dem Beschluss am 18. Juni 2020 hat Verwaltung hier bereits Vorarbeiten geleistet. Die Verwaltung präferiert einen anderen Weg, nämlich die Wahl eines Generalübernehmers (GÜ). Uns davon zu überzeugen ist nunmehr die Aufgabe des Bürgermeisters.

    So ganz unbekannt ist diese Art der Bauausführung für uns ja nicht. Erst kürzlich wurde zum Beispiel in Hönow eine Grundschule nach diesem Muster errichtet, die bei einem deutlich geringeren Preis
    ähnliche Flächen wie im ursprünglichen Siegerentwurf bereitstellt. Auch das Bürgerhaus wurde vor Jahren auf diese Weise errichtet.

    Der Vorteil eines GÜ-Verfahrens ist, dass Planung und Ausführung in einer Hand liegen. Das Risiko der Gemeinde, für Zeitverzögerungen und Preissteigerungen einstehen zu müssen, sinkt erheblich.
    Klassische Architekturbüros wie die Auslobungssieger können nun mal diese Sicherheit nicht bieten, da sie nie wissen, wer zu welchen Konditionen die Ausschreibung der Maßnahmen gewinnt.
    Klassische Architekten sind erst dann wieder konkurrenzfähig, wenn die Architektur wichtiger ist als der Preis. Und das ist in Neuenhagen trotz guter Haushaltslage nun mal nicht der Fall. Kein Wunder
    also, dass sich das Büro gegen den ungleichen Gegner wehrt.

    Einige Gemeindevertreter nehmen die Rettungsversuche des Büros zum Anlass, daraus politisch Kapital zu schlagen. Selbstverständlich kann, darf und muss jeder Gemeindevertreter sich und die Verwaltung bei einem solchen Vorhaben ständig hinterfragen. Aber sachlich sollte die Kritik sein.

    Es darf auch nicht vergessen werden, dass dieses – für Neuenhagener Verhältnisse – Jahrhundertprojekt aufgrund der Schülerentwicklung schnellstmöglich umgesetzt werden muss. Wer da aus Angst, einen Fehler zu machen, zögert, übernimmt nicht die Verantwortung, die er übertragen bekommen hat. Entsprechend differenzierter sollte die Kritik erfolgen.

    Bei allen Differenzen erwarten wir Parteilosen von der Gemeindevertretung, dass hier der Bau der
    Schule im Fokus steht und schnell Lösungen gefunden werden, um eine angemessene Schule zu erhalten, die ihren Preis wert ist.

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